Hausratversicherung - Grobe Fahrlässigkeit
Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht lässt, wer also nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten muss, so die Definition der Rechtsprechung (BGH, 11.05.1953 - IV ZR 170/52).
Führt der Versicherungsnehmer den Schaden grob fahrlässig herbei oder verletzt er bei Eintritt des Versicherungsfalles eine Obliegenheit grob fahrlässig, kann der Versicherer seine Leistung anteilig in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis kürzen.
Dabei muss das Versicherungsunternehmen beweisen, dass grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Dies gilt für Versicherungsverträge, die ab dem 01.01.2008 geschlossen wurden (§§ 28 Abs. 2 VVG, 81 VVG, Abschnitt B § 8 Nr. 3 VHB 2010).
Bei Versicherungsverträgen, die bis zum 31.12.2007 abgeschlossen wurden, verliert der Versicherungsnehmer bei grober Fahrlässigkeit den Versicherungsschutz (§ 26 Nr. 2 VHB 2000, § 31 VHB 2000).
Zur Frage, wann im konkreten Fall grobe Fahrlässigkeit gegeben ist oder nicht, hat sich zu den einzelnen Fallgruppen umfangreiche höchstrichterliche und instanzgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet.
Grobe Fahrlässigkeit liegt u.a. in folgenden Fällen vor:
Rauchen (Einschlafzigarette) und Einschlafen im Bett (OLG Köln, 22.08.2000 - 9 U 117/99);
Brennende Kerzen auf Tannengesteck für längere Zeit ohne Beaufsichtigung (30 min: AG Hamburg, 15.09.1994 - 22a C 962/94, r+s 1996, 281);
Verlassen der Wohnung über mehrere Stunden, ohne die Tür zu verriegeln (OLG Köln, 14.02.2008 - 9 U 148/07);
Zulauf zur Waschmaschine bei Urlaubsantrittnicht abgedreht;
eigenständiger, unsachgemäßer (ohne Einhaltung entsprechender Sicherheitsabstände und jeden technischen Standards) Einbau eines Holzofens in die Dachschräge durch den Versicherungsnehmer (OLG Celle, 09.07.2009 - 8 U 40/09);
Nichtentleeren von Wasserleitungen während mehrerer Monate im Winter (OLG Hamm, 30.01.1998 - 20 U 199/97);
Erhitzen von Öl in einem Topf, ohne diesen Vorgang zu beaufsichtigen (OLG Zweibrücken, 28.04.1999 - 1 U 30/98; anders sah dies OLG Karlsruhe, 07.02.2008 - 12 U 126/07);
offenes Fenster im Erdgeschoss bei längerer Abwesenheit.
Gerade zu dem Punkt offenes Fenster gibt es eine Reihe von Urteilen, die, je nach Sachverhalt, eine grobe Fahrlässigkeit annehmen oder ablehnen.
Beispiel Fall
Wie ist der Sachverhalt zu beurteilen, wenn der Versicherungsnehmer die Wohnung bei gekipptem (schlecht einsehbaren Fenster) über Nacht verlässt?
Derartige Sachverhaltsvarianten kommen in der Regulierungspraxis immer wieder vor, sodass eine umfangreiche Rechtsprechung zur Einordnung des Einzelfalls vorliegt. Nach der Rechtsprechung ist ein Fenster auf Kipp nicht generell grob fahrlässig (OLG Oldenburg, 09.03.1994 - 2 U 7/94).
Es kommt vielmehr auf die Umstände des jeweiligen Schadenfalls (Dauer der beabsichtigen Abwesenheit, örtliche Gegebenheiten, Einsehbarkeit und Erreichbarkeit des Fensters, wie lange nach Verlassen der Wohnung erfolgt der Einbruch) an.
Im Ausgangsfall wird nicht von grober Fahrlässigkeit auszugehen sein, da der Versicherungsnehmer nur kurz Einkaufen wollte und das gekippte Fenster auch nicht schwer einsehbar war. In der Sachverhaltsvariante (über Nacht) wird allerdings wohl von grober Fahrlässigkeit auszugehen sein.
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